Die Gerberei
Die Gerberei ist seit 1893 im Familienbesitz und wird heute in der 4. Generation geführt.
Ursprünglich wurde die Gerberei um 1430 als „Gerberei am Bach“ schon erwähnt.
Um 1900 wurden Vegetabilleder für die regionalen Lederverarbeiter und Handwerker (Riemer, Sattler, Tapezierer, Säckler, Schuster und Störschuster) produziert.
Der Gerbstoff wurde bis ca. 1960 selbst aus Fichtenrinde produziert.
Der Anfall an Fichtenrinde im Oberpinzgau war dermaßen groß, dass der überwiegende Teil der Rinde an andere Gerbereien und Lederfabriken verkauft wurde. Dafür wurde eine eigene Rinden-Brechanlage mit einer angeschlossenen Lagerhalle am Gelände des Bahnhofes in Mittersill errichtet.
Fichtenrinde war zu dieser Zeit ein sehr wertvoller Gerbstoff.
Erst nach 1960 stieg man an auf Gerbstoff-Extrakte um.
In den 60er-Jahren erfolgte eine schrittweise Umstellung von der Vegetabil-Gerbung auf die Mineral-Gerbung.
Dadurch konnten weiche Futter- und Bekleidungsleder sowie Möbel- und Schuhleder produziert werden.
„Alt-Franz“, ein langjähriger Mitarbeiter, beim Transport von Gerberlohe (= zerkleinerte Rinde).
Mit Beginn des Tourismus wurde ein weiterer Zweig der Weißgerberei mit ins Programm aufgenommen. Schaf-, Ziegen- und Wildfelle waren gefragte Souvenirs und Dekorationsartikel.
Mitte der 80iger-Jahre gab es einen regelrechten Boom für Reithosenleder.
Diese Leder sind voll waschbar und wurden in unzähligen modischen Farben produziert. Gefertigt wurden daraus Ganzlederhosen oder die Besätze.
Heute sind nur mehr einige wenige Erzeuger übrig geblieben.
Eine Spezialität war über Jahrzehnte Pferdeleder. Pferdeleder zeichnet sich durch extrem gute Reißfestigkeit und Geschmeidigkeit aus.
Diese Leder wurden für Schuhe, Bekleidung und Helm-Polsterungen.
Über die ganzen Jahre hat sich der Kundenstock der Gerberei immer wieder verändert.
Die Lederverarbeitende Industrie hat teilweise die Produktion eingestellt oder ins Ausland verlagert. Es haben sich immer wieder neue Märkte eröffnet.
Heute umfasst die Produktion hochwertiges Möbel- und Bekleidungsleder aus süddeutschen Bullen, sowie Schaf-, Ziegen- und Wildfelle.
Die Produktpalette wurde mit dem Handel von preiswerten Möbelledern sowie Rinder- und Kalbfellen erweitert.
Die Besitzer
Der aus St. Johann in Tirol stammende Josef Franz Ritsch erwarb den Betrieb im Jahr 1893.
Er starb 1918 mit 41 Jahren. Bis zu diesem Zeitpunkt führte er die Gerberei mit seiner Frau Maria. Aus der Ehe entstammten 3 Kinder.
Das Angebot war damals schon umfangreich und an die ansässigen Lederverarbeiter, meist Schuster, angepasst:
Sohlenleder (= standiges, festes Schuhunterleder)
Riemenleder
Vacheleder (= Schuhunterleder, etwas flexibler als Sohlleder)
Lohterzen (= grubengegerbtes Vegetabilleder)
Brandsohlen (= Strukturfestes Vegetabilleder, an der Brandsohle werden Ober- und Unterbau des Schuhes befestigt; wichtig für den Halt eines Schuhes)
Oberleder (= Schuhoberleder)
Oberteile
Hundslederne Riemen (Hundeleder zeichnet sich durch extreme Reißfestigkeit aus und wurde gerne für Schuhbänder und Riemen verwendet)
Nach der Trennung von Maria und August Lirk übernahm Sohn Franz Josef aus 1. Ehe die Gerberei im Jahr 1932, im jungen Alter von 18 Jahren. Er führte den Betrieb bis 1984.
Maria Lirk verstarb im Jahr 1956.
Von 1984 bis 2019 führte Sohn Gerhard die Gerberei, die er 2019 an Sohn Christoph übergab.
Im Bild Katharina und Franz Josef Ritsch mit der Belegschaft, um 1948. Kindermädchen Sofie mit Tochter Christl.